Gründung des Thüringer Bündnisses für Qualität in der Kindertagesbetreuung Qualität JETZT!

Kinder

Am 30. Oktober 2019 trafen sich zu dem Fachforum im Café Nerly rund 100 Akteur*innen der frühkindlichen Bildung. Am Abschluss der Diskussion über Fragen zur Qualität, wurde das Thüringer Bündnis für Qualität in der Kindertagesbetreuung Qualität JETZT! gegründet.

Gründungspartner*innen im Bündnis sind: GEW Thüringen, QuerWege e.V., AWO Regionalverband Mitte-West-Thüringen e.V.,  Kindersprachbrücke e.V., TSA Bildung und Soziales GmbH, Zentrum für Familien und Alleinerziehende e.V.

Auf die ersten Jahre kommt es an! Was bedeutet Qualität und wie kann sie entwickelt werden?

Fachforum zur Qualität in der frühkindlichen Bildung am 30. Oktober 2019

Das Café Nerly in Erfurt war am Nachmittag des 30. Oktobers vollständig reserviert. Zu Recht, denn der große Saal füllte sich an diesem Tag außerordentlich gut. Rund siebzig Gäste kamen zum Fachforum „Auf die ersten Jahre kommt es an! Was bedeutet Qualität und wie kann sie entwickelt werden?“ und diskutierten in anregender Kaffeehausatmosphäre das Thema „Qualität in der frühkindlichen Bildung“. Geladen hatte die KiTa Bündnisinitiative Qualität: Jetzt!, veranstaltet wurde das Ganze von der Heinrich-Böll-Stiftung Thüringen e.V.

Anke Mamat, Sprecherin der Kita Bündnisinitiative, betonte gleich zu Beginn: „Es geht darum, dass wir uns heute in den Akteursgruppen darüber unterhalten, was Qualität ist und wie wir Qualität sehen. Daraus soll eine intensive Debatte entstehen“. Einen ersten Impuls dazu gab die Theatergruppe „ImproVision“, bevor die Teilnehmer*innen an verschiedenen Zielgruppen-Tischen die Fragen „Was bedeutet Qualität und woran erkennen wir sie?“ in regem Austausch bearbeiteten. Anekdoten wurden erzählt, eigene Erfahrungen berichtet sowie Untersuchungen und Statistiken herangezogen.

Eines kristallisierte sich schnell heraus: Der Begriff der Qualität ist schwer zu fassen, wie Dr. Katja Ludwig (Referentin AWO Projekt Kivobe) und Solveig Negelen (Heinrich-Böll-Stiftung Thüringen e.V.), die die Resultate vorstellten, unterstrichen. So ergab sich ein Sammelsurium verschiedenster Stichworte, Themenfelder und Anliegen an den einzelnen Tischen.

Doch zunächst hatten die, um die es vor allem geht, das Wort: die Kinder. Sie waren im Vorfeld gefragt worden, was sie sich von ihrer Kita wünschen und antworteten: „Hilfe, wenn wir uns streiten“, „draußen rumtoben“, „ausnahmsweise etwas tun“, verstecken spielen“, „zusammen mit Freunden spielen“ und „mitentscheiden, was ich möchte“.

Die Anbieter von Fort- und Weiterbildungen und die Vertreter*innen der Ausbildungsstätten (Universität, Hochschule, Fachschule) gingen die Fragen freilich professioneller an und fassten folgende Stichpunkte zusammen:

  • Kompetenzen für professionelles Handeln schaffen
  • Qualität bedeutet eine professionelle Haltung der Fachkräfte, welche sich kontinuierlich weiterentwickelt in Kooperation mit Aus- und Fortbildung
  • Bereitschaft zur Reflexion
  • Netzwerken, Kooperation und Bereitschaft zur Öffnung von Träger und Kita
  • Gemeinsamer Austausch zur Ausbildung

Am Tisch der Eltern und Elternvertretung saßen die wenigsten Teilnehmerinnen (vier). Zur Qualität in der frühkindlichen Bildung haben sie diese Punkte notiert:

  • Haltung der Leitung
  • Beitragshöhe
  • Bildung, Schulvorbereitung, Entwicklung
  • Vertrauen und Kommunikation
  • Partnerschaft auf Augenhöhe
  • Öffnungszeiten

Die Fachberatung fasst den Begriff der Qualität kurz zusammen:

  • Rahmenbedingungen: begründet, bewusst, reflektiert
  • Woran erkenne ich Qualität: am Prozess und an der Haltung

Wohingegen die pädagogischen Fachkräfte, die größte Gruppe an diesem Nachmittag, zahlreiche Stichpunkte notierte:

  • Zeit
  • Ausbildung
  • Individualität (Toleranz und Respekt)
  • Bindung vor Bildung
  • Gut ausgebildetes und gut geeignetes Personal
  • Gute hochwertige an den Bedürfnissen der Kinder gemessene Rahmenbedingungen
  • Zugangsvoraussetzungen zur Ausbildung, Verzahnung Praxis und Theorie
  • Ausreichend Zeit haben, um die Bedürfnisse zu befriedigen
  • Vernetzung, gemeinsame Sprache
  • Fachkraft-Kind-Relation, bundesweite Standards
  • An den Bedürfnissen und Bedarfen orientiert
  • Wertschätzender gelebter Umgang mit allen Beteiligten

Die Einrichtungsträger betonten zwei Kriterien:

  • Ressourcen für pädagogische Handlungskompetenz
  • Zufriedenheit aller Beteiligten

Ämter (Fachdienste, Jugendamt etc.) und Politik diskutierten rege und fassten Qualität so auf:

  • Umsetzung aller Vorgaben, überall Rechte umsetzen
  • Gutes Personal
  • Wenn alle Familien überall in Thüringen …
  • Wenn jedes Kind …

Im Anschluss daran gab Steffen Richter (Referent für Kinder- und Jugendhilfe der Parität in Thüringen) ein Fazit aus seiner Sicht. Dabei betonte er, dass zwar in allen Wahlprogrammen der demokratischen Parteien der Bereich der frühkindlichen Bildung eine Rolle gespielt und die jetzt noch amtierende Landesregierung schon kleine Schritte unternommen habe, doch: „Das ist alles nicht ausreichend“. Stellschrauben und Puzzlesteine für gute Qualität seien unter anderem Personalschlüssel, Minderzeiten, Personalkontinuität und eine praxisorientierte Ausbildung. Fachberatung, Inklusion, Kita-Leitung und Rahmenbedingungen seien relevant. Aber: „Wir werden nicht genug Geld aufbringen können“.

Deshalb sei ein Stufenplan wichtig. Richter: „Wir müssen uns darauf verständigen, welches Ziel bis wann mit welcher realistischen Grobfinanzierung umgesetzt werden soll. Das ist ein Punkt, der von der jetzt noch amtierenden Landesregierung aufgenommen worden ist.“

Denn: Seit Mitte 2019 gibt es eine Arbeitsgruppe „Zukunft Kita“, die der Bildungsminister Helmut Holter ins Leben gerufen hat. Akteur*innen sind hier die kommunalen Spitzenverbände, die LIGA-Verbände, die Landeselternvertretung und verschiedenste Ministerien. „Da wollen wir schauen, wie wir mittel- und langfristig die Qualität in Kindertageseinrichtungen verbessern können“, meinte Steffen Richter.  Die Arbeitsgruppe sei so angelegt, dass sie über die vergangene Legislaturperiode hinaus arbeiten soll; das nächste Treffen ist für Dezember geplant. „Wir müssen gemeinsam eine laute Stimme bilden“, schließt Richter ab.

Auch Anke Mamat betonte: „Wir brauchen ein breites Bündnis mit vielen Akteuren, um wirklich laut zu sein und hörbar weiterzukommen. Deshalb soll heute das Bündnis gegründet werden“, genauer: das „Thüringer Bündnis für Qualität in der Kindertagesbetreuung“. Die ersten Bündnispartner*innen konnten schon gewonnen werden: Es sind die GEW Thüringen, der Querwege e.V., die AWO Regionalverband Mitte-West-Thüringen e.V., die Kindersprachbrücke Jena e.V., die TSA Bildung und Soziales gGmbH und das Zentrum für Familien und Alleinerziehende e.V. in Jena. „Sie haben mitzugestalten, sie werden gefragt werden, sie sind dabei“, sagte Anke Mamat und „Jetzt ist es wirklich soweit“, als alle Partner*innen unterschreiben. Es ist ein wichtiger Moment auf dieser Veranstaltung.

Das Bündnis ist offen für weitere, für viele Partner*innen. Denn letztendlich gilt: Zusammen ist man stark, gemeinsam kann man mehr bewirken, um mehr Qualität in der frühkindlichen Bildung für Thüringen zu erreichen.

Bereits im Dezember trifft sich die Initiator*innengruppe erneut. Und auch 2020 soll es auf diesem Wege weitergehen: Die Bündnispartner*innen gehen an die Aufgaben  ihre Vernetzungsarbeit und es sind bereits zwei öffentliche Fachdebatten geplant.

Carmen Fiedler