Neue Erfurter/innen treffen Alteingesessene und zeigen sich ihre Stadt jeweils mit einem ganz eigenen Blick – durch Fotos, auf denen sie Erfurt zeigen, wie sie es sehen. Diese Idee stand hinter einem Treffen von neuen und alten Erfurter Bürger/innen am 20. Oktober 2015 anlässlich der Finissage der Fotoausstellung „Stadt und Mensch“, die seit dem 1. September in den Treppenfluren der Stadtbibliothek zu sehen ist.
Zu dieser Finissage waren insbesondere Menschen eingeladen, die aus Krisengebieten geflüchtet sind und nun in Erfurt wohnen. Sie sind von der Heinrich-Böll-Stiftung Thüringen e.V. in Kooperation mit der Stadtbibliothek Erfurt eingeladen, die Fotoausstellung fortzuführen und ihr eigene Bilder hinzuzufügen. Vier syrische Männer und drei junge Afghanen sind der Einladung gefolgt. Im Mittelpunkt stand und steht dabei die Möglichkeit des Austausches, das Angebot, miteinander ins Gespräch zu kommen, sich kennenzulernen und einander zu verstehen. Man möchte Kontakte anregen und vertiefen; als Treffpunkt steht die Cafeteria der Stadtbibliothek zur Verfügung.
Dies ist eine vortreffliche Möglichkeit für geflüchtete Menschen, mit ihrer neuen Heimatstadt und deren Bürger/innen in Kontakt zu treten. Diese Art, eine Stadt kennenzulernen, ist so besonders, da sie ein eigenes Handeln, ein Wirken und die Zugehörigkeit zu einer Gruppe auf Zeit oder für länger ermöglicht. „Wir haben gemerkt, dass man mit der Kamera Menschen zusammenführen kann, egal wo“, sagt Solveig Negelen von der Böll-Stiftung. Und die Fotografin und Leiterin des Workshops, Sylwia Mierzynska, betont: „Das Bild ist eine universelle Sprache. Mit einem Bild kann man ohne Worte viel erzählen.“
Der erste Workshop, aus dem die Fotoausstellung „Stadt und Mensch“ resultierte, zeigt, wie verschieden die Blickwinkel auf ein und dieselbe Stadt sein können – so verschieden wie Menschen eben sind. Die Bilder, die aus der Frage „Wem gehört die Stadt?“ heraus entstanden, zeigen starke Kontraste. Jede/r der 21 Teilnehmer/innen fand eine ganz eigene Antwort.
Nun darf man gespannt sein, welchen Blick die neuen Erfurter/innen auf ihre Stadt haben. Dr. Eberhard Kusber, der Direktor der Stadtbibliothek, sagte denn auch: „Insbesondere wenn man neu in die Stadt kommt, sieht man die Stadt mit eigenen Augen. Sie sollen mit dem Fotoapparat die Stadt sehen und kennenlernen und gleichzeitig uns, die wir schon lange hier leben, die Stadt neu zeigen“.
Die Neuerfurter zeigten sich interessiert. Und auch die Alterfurter/innen waren neugierig auf ihre neuen Mitbürger. So meinte eine Erfurterin aus dem Publikum: „Ich finde es toll, dass ich mich mal mit Flüchtlingen unterhalten darf“.
Am 27. Oktober fand das erste Treffen zum neuen Fotoworkshop statt. Vier Flüchtlinge und einige Alteingesessene kamen. Hier ging es vor allem um ein erstes Kennenlernen und um die Frage, was in Erfurt wer fotografieren will. Ein – wie sich zeigte – ausgezeichneter Einstieg in ein Gespräch. Denn schnell war man mittendrin in Erfurt und der Frage „Kennst du schon ...? Wo warst du schon mal?“ Die neuen Bilder sollen Anfang nächsten Jahres entstehen und auch in der Stadtbibliothek gezeigt werden.