Simbabwe wurde eigentlich mit keiner Silbe erwähnt – und doch ging es in dem Theaterstück „Water Games“ immer auch um die Situation in dem Land. Zwei Brüder streiten sich im Stück um die Frage, ob das Wasser aus einem Stausee vergiftet ist. Der eine ist Wissenschaftler und stellt in seinen Proben die Vergiftung und die gesundheitlichen Auswirkungen auf die Menschen fest. Der andere ist Politiker und will das Problem nicht beseitigen. Gleichzeitig ist er Unternehmer und verkauft Trinkwasser in Flaschen, und je schlechter das Wasser aus eben jenem Stausee, desto besser läuft sein Geschäft.
Die Geschichte der schlechten Trinkwasserversorgung ist fiktiv, hat aber einen ernsten Hintergrund: Im Jahr 2008 starben in Simbabwes Hauptstadt Harare 4.000 Menschen an einer Cholera-Epidemie, fast 100.000 waren erkrankt. Die Epidemie wurde durch dramatischen Trinkwasser- und Sanitätsverhältnissen in Simbabwe ausgelöst, die sich nach Angaben von Human Rights Watch auch nach der Epidemie nicht wesentlich verbessert hätten.
Warum so etwas in Simbabwe passieren konnte, erklärt der Jenaer Politikwissenschaftler Martin Welz im Nachgespräch des Theaterstückes. Das größte Problem Simbabwes sei das tief verwurzelte patriarchale System und die daraus entstehenden Abhängigkeiten. Seit 1987 ist Robert Mugabe Präsident des Landes. Als Welz das Land vor einiger Zeit besuchte, sei es für ihn sehr schwierig gewesen, Menschen in der Politik zu finden, denen man überhaupt vertrauen könnte. Man wisse nie, auf welcher Seite sie stehen. Die meisten Politiker seien Teil einer Clique, die sich seit Jahren gegenseitig die Macht zuschiebe. Auch der ehemalige Oppositionsführer Morgan Tsvangirai, der in einer „Regierung der nationalen Einheit“ von 2009 bis 2013 als Regierungschef an der Macht war, sei nur eine Marionette von Mugabe gewesen, damit dieser weiterhin Staatsoberhaupt bleiben konnte. Daher seien die Leute insgesamt enttäuscht von der Politik, und auch von der Opposition. Es gebe keine Plattform, auf der der Wandel artikuliert werden könnte. Dabei seien die Voraussetzungen, dass Simbabwe sich positiv entwickeln könnte, laut Welz, eigentlich sehr gut: Die Alphabetisierungs- und Bildungsrate sei in Simbabwe sehr hoch.
Leider könne man Bildung nicht mit Intelligenz gleichsetzen, erklärte der Schauspieler Michael Kudakwashe. Die Menschen werden mehr programmiert als zu kritischen Bürgern erzogen. Auch der Regisseur des Stückes, Jens Vilela Neumann, verdeutlicht dies anhand einer Frage: „Ist jemand gebildet oder nur trainiert?“
Aber in den letzten Jahren habe sich doch einiges geändert, erklärt Kudakwashe. In Simbabwe sei eine starke regierungskritische Bewegung in den sozialen Medien entstanden. Die Regierung wolle diese Bewegung nun stoppen, indem sie das Internet stärker kontrolliert. Der Bevölkerung werde dies als Schritt gegen den sogenannten „Revenge Porn“ – die ungewollte Veröffentlichung von Nacktfotos, etwa aus Rachegelüsten - verkauft. Auf der Straße zu protestieren, sei viel zu gefährlich, ergänzte die Schauspielerin Kudzai Sevenzo. Daher habe sich der Protest ins Internet verlagert. Durch den Protest im Internet ändere sich auch etwas im Land: Die Menschen beginnen im Privaten miteinander über Politik zu reden – und das in einem Land, in dem jeder fünfte Verbindungen zur Geheimpolizei haben soll.
Als Künstler könne man in Simbabwe nicht frei arbeiten, erklärt Kudakwashe. Man bekomme zwar Geld von NGOs für Stücke – aber diese seien immer an die Agenda der NGO gekoppelt: So müsse man dann beispielsweise ein Stück über die HIV-Situation in Simbabwe machen. Aber Kudakwashe konnte in den letzten Jahren immerhin eine Standup-Comedy-Bewegung in Simbabwe etablieren. Dort sei man zwar freier, aber es sei auch gefährlicher, weil man durch die Geheimpolizei stärker überwacht werde.
Humor sei ein guter Weg, um politische Themen zu behandeln, erklärt der Regisseur Jens Vilela Neumann. Das im Theaterhaus Jena aufgeführte Stück „Water Games“ selbst musste auch vorher von den simbabwischen Behörden genehmigt werden. Das Stück behandelt die Situation in Simbabwe auf eine humorvolle, leicht ironische Weise. Erst drei Tage vor der Uraufführung gab die Behörde grünes Licht. Vilela Neumann will mit dem Stück das oftmals schlechte Bild von Afrika in Deutschland verbessern und ein Bild davon vermitteln, was er in Afrika erlebt hat.
Er glaubt auch, dass sich die oft aussichtslos wirkende Situation in Simbabwe verbessern kann. Er erinnere sich noch an seine Mutter, die immer über den Sozialismus geklagt habe und gesagt habe, daran würde sich nie etwas ändern. Und dann kam das Jahr 1989.