Wie man den Stromverbrauch in Rechenzentren und am Heimcomputer nachhaltig senken kann
Auch wenn es den Wenigsten bewusst ist: Das Internet verbraucht Strom! Riesige Rechenzentren bilden den realen Hintergrund des virtuellen Netzes. 260 Millionen Watt verbraucht allein Google weltweit: Das entspricht in etwa einem Viertel der Leistung eines Atomkraftwerks. Der dafür benötigte Strom kommt dabei meist aus fossilen Quellen: Etwa 1,5 Millionen Tonnen CO2-Emissionen stieß allein Google im Jahr 2010 aus. Doch damit steht Google nicht allein da: Alle Rechenzentren weltweit benötigen geschätzt etwa 1,5 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs und damit so viel wie 25 Atomkraftwerke produzieren. Bis 2020 könnte sich dieser Wert sogar noch verdreifachen.
Um das zu verhindern, soll die Effizienz der Rechner und der Rechenzentren gesteigert werden. Die Informationstechnik soll grüner und nachhaltiger werden. Die Bundesregierung hat sich – im Zuge der Reduktion des CO2-Verbrauches – dazu verpflichtet bis 2013 den durch den IT-Betrieb verursachten Energieverbrauch in der eigenen Verwaltung um 40 Prozent zu senken. Durch Energieeffizienz-Analysen sollen zudem in den Rechenzentren von mittelständischen Unternehmen und auch öffentlichen Verwaltungen Einsparungen von bis zu 20 Prozent erreicht werden.
Wie dies möglich ist, zeigte Gerd Kruse auf der Tagung anhand der Umstrukturierung der Stadtverwaltung Nordhausen. Dort wurden insgesamt etwa 140 PCs eingespart, indem die Desktops virtualisiert wurden und die Strukturen des Rechenzentrums umgebaut wurden. Statt eines herkömmlichen PCs, der alle Leistung und alle Programme an jedem Arbeitsplatz einzeln bereit stellt, greifen sogenannte Thin Clients auf die Leistung eines Servers zurück, auf dem die Programme und Daten gespeichert sind. Der Thin Client stellt nur die grafische Oberfläche bereit und die Verbindung zum Server her. Das Rechenzentrum wurde zudem so umstrukturiert, dass drei Hochleistungsserver, sogenannte „Blade Server“, die Leistung von 65 alten Servern übernommen haben. Auch die Kühlanlage, die in älteren Rechenzentren oft die Hälfte des Strombedarfs ausmacht, wurde ausgewechselt und durch eine bedarfsgerechte Anlage ersetzt. Moderne Kühlanlagen nutzen die Differenz zur Außentemperatur mit Hilfe eines Freikühlers und können so bei deutschen Wetterverhältnissen 90 Prozent des Jahres ohne aufwändigen Kühlmittel- und Kompressoreinsatz auskommen. In der Summe kam man in Nordhausen auf einen Einspareffekt von 90.000 Kilowattstunden pro Jahr. Dafür wurde die Stadt mit dem Sonderpreis für Green-IT der deutschen Umwelthilfe ausgezeichnet.
Allerdings konzentriere sich der Ansatz des Green IT häufig zu stark auf die Unternehmensseite, insbesondere auf den Stromverbrauch von Rechenzentren, kritisierte Björn Ahrens vom Green Computing Portal. Auch bei Heimrechnern sollte man versuchen, auf Green IT zu achten. Die meisten Nutzer wüssten gar nicht, wie viel Strom ihr Rechner verbraucht. Wenn man beispielsweise einen Wert von 140 Watt im Normalbetrieb und 10 Watt im ausgeschalteten Zustand zugrunde lege, komme man auf etwa 55 Euro Stromkosten im Jahr. Das wirke zunächst nicht viel. Wenn man dies jedoch auf die 39 Millionen Rechner in deutschen Privathaushalten hochrechne, komme man auf eine Summe von 10,8 Terawattstunden pro Jahr. Nur die Fernseher verbrauchten in den Haushalten noch mehr Strom (15TWh). Zudem mache ein Viertel dieses Verbrauchs der Leerlauf aus, da die meisten Rechner auch im ausgeschalteten Zustand noch Strom verbrauchen. Durch den Einbau eines effizienteren Netzteils ließe sich bereits sehr viel Strom sparen.
Insgesamt habe Ahrens aber das Gefühl, dass das Bewusstsein für das Stromsparen bei den Herstellern steige. Moderne Grafikkarten seien nicht mehr so stromintensiv, die LED-Hintergrundbeleuchtung für Monitore habe sich durchgesetzt und es wurden, beispielsweise von IBM, neue Prozessoren entwickelt, die 60 Prozent weniger Energie verbrauchen. Die Branche sei bei der Green IT jedoch noch immer viel zu fixiert auf die Stromkosten. Auch die sozialen wie die ökologischen Herstellungsbedingungen der Produkte seien zu berücksichtigen: Unter welchen Bedingungen wird der PC produziert, aus welchen Rohstoffen besteht er und unter welchen Bedingungen werden diese abgebaut. Die meisten Computer-Hersteller, wie Intel oder Apple, lassen ihre Rechner in Asien von der taiwanesischen Firma Foxconn fertigen. Die Herstellungsbedingungen ihrer Produkte verfolgen sie meist nur bis zu dieser Ebene. Doch wen Foxconn selbst beauftragt und unter welchen Bedingungen dort gearbeitet wird, bleibt unklar. Immerhin versuchen einige Firmen bereits, ökologisch nachhaltige Rechner herzustellen. Allerdings sei dies bisher nicht gelungen. Jedoch gibt es mittlerweile nachhaltiges Zubehör: Die Firma Fujitsu bietet eine Maus und eine Tastatur an, die zu großen Teilen aus abbaubarer Bio-Plastik gefertigt ist. Der nächste Schritt geht für Ahrens genau in diese Richtung: Die Verkäufer geben dem Kunden selbst eine Verantwortung für die Herstellungsstandards, indem sie die besseren Standards in ihre Produkte einpreisen und damit werben.
Ob die Green IT allerdings als Klimaretter helfen kann, war auf der Tagung umstritten. Für Viktor Wesselak, Professor für Regenerative Energiesysteme an der FH Nordhausen, fresse die ständig zunehmende Technik den immer wieder erreichten Effizienzgewinn auf. Auch die Technologien der Zukunft, die Energie einsparen sollen, würden letztlich wieder Energie an anderer Stelle kosten. Die Idee des Cloud Computing beispielsweise, bei der alle eigenen Programme und Daten in eine Cloud ausgelagert werden und somit kein eigener Rechner mehr nötig sei, verlagere das Problem nur: Um auf die Daten überall zugreifen zu können, müssten die Übertragungskapazitäten extrem ausgebaut werden, da der Traffic steigen würde. Außerdem müssten wiederum mehr Server bereitgestellt werden, um all die Daten zu speichern, die momentan noch auf den Privatrechnern liegen. Man lagere Intelligenz aus, das sei der falsche Weg.
Auch Ahrens findet das problematisch: „Die Leute schieben die Rechenleistung weg und können dann sagen: ‚Ich habe nichts mehr, ich verbrauche keinen Strom!‘“ Aber der Traffic und die dahinterstehenden Server sind nichts Virtuelles und verbrauchen realen Strom. Bei weiter steigenden Datenmengen wird der Strombedarf auch zunehmen. Seine Sorge ist, dass der Trend zu Cloud Computing und zur Virtualisierung das Thema der Green IT verdrängen könnte. Dabei seien gerade bei der Energieeffizienz sehr hohe Einsparpotentiale vorhanden. Was jeder verstehe, auch wenn er nicht grün ist, sei der ökonomische Nutzen, so Ahrens. Es gab allerdings auch einige Stimmen auf der Tagung, die eine klare gesetzliche Regelung forderten, durch die der Stromverbrauch der IT-Branche gesenkt werden soll. Freiwilligkeit alleine reiche nicht mehr aus, befand Ralph Wölpert, Leiter „Systemberatung und Planung“ der Firma Rittal. Eine nachhaltige Veränderung habe es in vielen Bereichen erst gegeben, nachdem ein Gesetz erlassen wurde: Bei der Einführung des Katalysators oder bei der Wärmeschutzverordnung für den Gebäudebereich.
Björn Ahrens argumentiert da eher pragmatisch: „Ökologisches Denken setzt sich dann durch, wenn ökonomischer Druck da sei.“ Und der ist in der momentanen Krise ja gegeben. Es besteht also Anlass zur Hoffnung.