Es ist selten, dass auf einer Veranstaltung beinahe jede/jeder aus dem Publikum eine Frage oder eine Anmerkung hat. Auf der Podiumsdiskussion „Frauen und Wasserversorgung: Entwicklung und Frauen- und Genderpolitik in Nepal“, die am 11. Juni in den Räumen von Radio F.R.E.I. stattfand, war es so. Die anwesenden rund fünfzehn Zuhörer waren entschieden interessiert am Thema, in das Mei Ling Aw und Katie Leary, Studierende an der Erfurter Willy-Brandt School of Public Policy an der Universität Erfurt, einführten.
Die beiden Referentinnen sprachen an diesem Salonabend, der von der Heinrich-Böll-Stiftung gemeinsam mit der Willy-Brandt School veranstaltet wurde, über die Teilhabe und Mitwirkung von Frauen im Wassermanagement in Nepal, insbesondere darüber, inwieweit Geschlechteraspekte bei Wassermanagementkonzepten Berücksichtigung finden sollten, damit diese Konzepte zu positiven Auswirkungen auf die Lebenssituation von Frauen führen. Ihr Vortrag war pointiert, zügig, aber auch größtenteils theoretisch. Das Thema „Wasserversorgung in Nepal“ ist Gegenstand von Katie Learys Masterarbeit; Mei Ling Aw hat Nepal besucht und dort Beobachtungen festgehalten.
Wasser, auch als „blaues Gold“ bezeichnet, ist in vielen Ländern dieser Erde knapp bzw. die Versorgung der Menschen mit Wasser problematisch. Nepal gehört zu diesen Ländern. Dabei ist in diesem kleinen armen Land, das zwischen den Riesen China und Indien liegt, nicht der Wassermangel das Problem, sondern die Wasserverteilung. Die Landwirtschaft allein beansprucht einen Großteil. Um die Familie mit Wasser zu versorgen, müssen Frauen oft kilometerweit laufen. Wie schwer es ist, bis zum Anschlag gefüllte Gefäße so weit zu tragen, kann man sich hierzulande höchstens vorstellen. Mei Ling Aw beobachtete vor Ort, wie mühsam es für die Frauen und Mädchen ist, Wasser zu holen.
Frauen sind auch in Nepal für Feld und Haushalt zuständig. Sie müssen meist allein für die Wasserversorgung einer ganzen Familie sorgen und sind dennoch nur ungenügend an Entscheidungsprozessen und am Wassermanagement beteiligt. Sie arbeiten rund 18 Stunden am Tag (Männer 14 Stunden). So ist es wenig verwunderlich, dass diesen Frauen keine Zeit für Bildung, Kultur oder Politik bleibt. Oder für die Beschäftigung mit angemessenen Wassermanagementkonzepten.
Die schwierige Wasserversorgung birgt jedoch noch andere Schwierigkeiten als die langen Wege und beschwerlichen Lasten: in Schulen gibt es meist keine sanitären Anlagen; das Wasser ist qualitativ schlecht und Menschen werden davon krank; es gibt Nutzer und es gibt diejenigen, die die Macht über die natürliche Ressource Wasser beanspruchen.
Will man die Versorgung der Menschen mit Wasser verbessern, muss man die Frauen in ihrer Entwicklung unterstützen. Man muss Strukturen entwickeln, die für die Nutzer des Wassers von Vorteil sind, man muss Staat, Region und Kommune mit einbeziehen. In Nepal hat sich in dieser Hinsicht schon einiges getan: Zurzeit stehen etwa 56% der Bevölkerung Nepals gutes Wasser nicht weit vom Haus zur Verfügung, betont Katie Leary. 1970 galt dies nur für 6% der Bevölkerung. Das ist nicht zuletzt der Rio-Konferenz zu verdanken. Aber noch immer ist knapp die Hälfte der Menschen vom guten nahen Wasser ausgeschlossen. Soweit die Präsentation von Katie Leary und Mei Ling Aw.
In der anschließenden Diskussion wurden Fragen wie faire Verteilung, die Rolle der Männer, die Rolle des Kastensystems und bestehender Machtstrukturen vertieft. Jennifer Schubert (MdL, Bündnis 90/Die Grünen) moderierte den Abend gewohnt souverän und übersetzte auch vom Englischen ins Deutsche.
Auf die Abschlussfrage, was wir in Deutschland von Nepal lernen könnten, antworteten die Referentinnen: Einfach das nächste Mal, wenn wir das Wasser beim Zähneputzen laufen lassen, daran denken, wie es in anderen Ländern aussieht. Nämlich weit von unserem Luxus entfernt.